Es ist viel passiert in Bodhgaya, Indien.
Nicht nur wegen der Sprachbarriere (eigentlich ist es keine Barriere, sondern ziemlich interessant und eine gute Möglichkeit für einen Gesprächsbeginn) ... geht es für mich zurzeit viel um das Verstehen.
Menschen verstehen, die anders denken, die Traditionen verstehen, die Armut verstehen. Samjna.
Verstehen heißt nicht nur, Hindi verstehen. Ein Beispiel?
Ich hab mal wieder meine Schuhe verloren, hier im Guesthouse. Schwarze Billig-Flip Flops vom Markt hier, die einzigen, die mir passen, da ich im Vergleich zu den Inderinnen anscheinend
Elefantenfüße habe. Ich suche überall danach, kann sie aber nicht finden und frage alle, keiner hat sie gesehen. Bis schließlich einer der Jungs, die hier arbeiten, sie mit sich herumträgt und
irgendwo abstellt. Flip Flops heißen hier nämlich “Slipper” und nicht Schuhe. Es sind einfach keine Schuhe, so die Meinung einiger Inder.
Ein weiteres Beispiel für eine Situation, in der das Verstädnisproblem nicht unbedingt bei Hindi lag: Wir sollen einen Workshop in einer Schule halten, natürlich ist die Zeit und alles weitere it dem Direktor ausgemacht. Als wir ankommen, stehen wir vor der Tür und vor einem großen Schloss. Weit und breit ist kein Mensch zu sehen, ganz zu schweigen von irgendwelchen Schülern oder Lehrern. Warum? Irgendwie fragen wir uns das gar nicht. Dann aber kommt ein Nachbar und organisiert uns einen Lehrer, der dann wiederum klar macht, wann die Schüler kommen. Eine Stunde später sind alle da. Sowas mag ich an Indien. :-)
Die Tage hier sind viel kürzer als zu Hause – nicht nur, weil Indien anscheinend um 6 das Licht ausmacht, falls nicht sowieso Stromausfall ist... sondern auch, weil so viel passiert. Denn gleichzeitig sind die Tage hier so, so voll. Voller – geplanter und ungeplanter – Erlebnisse, Momente, Überraschungen, mit denen man erst einmal fertig werden muss, wackeliger Rikschafahrten,... und vor allem – vollere Kinder.
Wir sind gerade mitten in den Workshops. Nach den einzelnen in den verschiedenen Schulen sind jetzt die Wochenendworkshops dran, bei denen endlich alle zusammen sind.
Bestimmt beschreiben es die Bilder wieder besser, als ein Text das könnte. Das sind so viele, die passen zwar nicht auf einen Stick, aber in meinem Kopf sind sie die ganze Zeit. Weil da die Kinder drauf sind und man Kinder so schnell gern haben kann. Jeder einzelne von ihnen ist so anders, was man hier vielleicht vergessen könnte, weil man die meisten immer nur in großen Gruppen sieht. Und bei jedem der Jungs und Mädchen frage ich mich, welche Geschichte hinter den oft so strahlenden Gesichtern ist.
“Wir” - das ist jetzt nicht mehr nur unser Team. Wir – da sind jetzt noch 23 Kinder dazugekommen.
Ich schaffe es gerade, die Namen zu lernen. Wir machen schon den zweiten Wochenedworkshop und endlich steht die Gruppe. Ein paar Mädchen durften nicht mitmachen, weil sie nach der Dunkelheit nicht mehr rausdürfen.
Gerade sitzt Suratj neben mir. Er fragt, was ich mache und ich erkläre es ihm. Natürlich kann er kein Deutsch lesen, also habe ich gerade “Hello, how are you?” eingetippt. Vorhin habe ich mit der kleinen Nikki zusammen Monster gespielt, weil sie alleine nicht wollte oder konnte.
Oder: Erster Workshoptag, es sind noch ca. 30 Kinder, wir stehen alle draußen im Kreis und rufen “Jai Ho!” und werfen die Arme in die Luft.
Solche Momente sind toll.
Es ist spannend, zu sehen, wie sich Gruppen bilden, was es dabei für Probleme und Erfolge gibt. Die Mädchen haben schnell zusammengefunden, die Jungs genauso, obwohl sie wirklich alle aus ganz verschiedenen Umfeldern kommen. Mädchen und Jungs zu mischen, scheint aber hier sehr schwierig zu sein. Das macht hier niemand, auf die Idee würde man nicht kommen. Also müssen sie erst einmal zueinander finden... was nicht leicht ist, wenn man immer einen Sicherheitsabstand einhalten muss.
Für die Show gibt es schon einen Plan, sogar schon fertige Szenen. Es geht um vieles, das, hier auch Realität ist. Und wie wir das alles verstehen – genau so wie die Kinder.
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