Wir, Ina, Madita und Sarah begleiten dieses Jahr Wolfgang und Christian für drei Monate bei der Projektarbeit bei Creacting India in Bodhgaya.
Ich, Sarah, bin 20 Jahre alt und bin in der Nähe von Bremen mit zwei großen Brüder in einem Dorf namens Ottersberg aufgewachsen.
Ina, 19, und Madita, 21, sind Schwestern und kommen aus Baden-Württemberg. Sie sind Teil einer siebenköpfigen Familie und, genauso wie ich, das erste Mal in Indien.
Unsere Reise begann mit einer dreitägigen auf und ab Fahrt von Frankfurt, über Dubai nach Delhi. Von dort aus sind wir 12 Stunden weiter mit dem Zug nach Gaya gefahren, wo wir von Vinod und Abhi überraschend vom Bahnhof abgeholt wurde und gemeinsam uns auf den Weg nach Bodhgaya gemacht haben, wo wir nun seit drei Wochen leben.
In Delhi erlebten wir unseren erste Kulturschock. Wir kamen gegen vier Uhr Nachts indischer Zeit am Flughafen an und suchten uns erst einmal ein Taxi. Das Angebot war riesengroß, sprich jeder wollte uns fahren. Schlussendlich nahm ein junger Mann uns alle fünf, Wolfgang, Moana, Ina, Madita und mich, plus Gepäck in einem Auto mit. Wir waren bis oben hin bepackt und stapelten uns auf den Sitzen, keiner hätte gedacht, dass das alles in dieses kleine Auto passen würde. Dann ging es auf die Straße. Nachts um fünf waren die Straßen komplett überfüllt. Der Schock entstand nicht nur dadruch, dass der Verkehr links fährt, was schon für genug Verwirrung sorgen könnte,sondern die Menschen fuhren kreuz und quer über die Straßen. Mindestabstand existiert faktisch nicht, Spureneinhaltung wird eher klein geschrieben und Hupen ist wohl eine ganz gute Alternative zum Bremsen.
Da war die Müdigkeit bei uns schnell vergangen. Wir hatten alle wohl etwas Angst während der Fahrt, aber auch einen haiden Spaß. Es war eine tolle, aufregende erste Erfahrung in Indien.
Als wir nun nach drei Tagen Reise endlich in Bodhgaya ankamen, stand uns allen der Sinn nur nach Schlafen. Dies wurde uns aber nicht gleich gewährt. Zum Einen war es Morgens und zum Anderen hatten die Inder andere Pläne für uns. So brachten Abhi und Vinod uns zuerst in das Center von Creacting India. Dort erwartete uns der nächste Kulturschock, aber ein wunderschöner.
Die gesamte Gruppe hatte ein Begrüßungsritual für uns vorbereitet. Wir wurden in den Theatersaal geführt und jeder auf einen Stuhl gesetzt. Dann startet eine traditionelle Begrüßungszeremonie mit Farbe im Gesicht, Blumenkränzen und Segnungen.
Anfangs viel es uns schwer uns alle Namen zu merken aber wir haben es sehr schnell gelernt und alle sind uns schon sehr ans Herz gewachsen.
Nachdem wir dann erst einmal 15 Stunden geschlafen hatten begannen wir uns in unserem neuen zuhause hier einzurichten.
Wir wohnen nur wenige Meter vom Center entfernt in einer schlichten, aber verglichen mit den umliegenden Häusern, sehr guten Unterkunft mit einer Art Garten oder Innenhof wo wir anscheinend für indische Verhältnisse relativ viel Privatsphäre haben. Trotzdem werden wir ständig von den Nachbarn beobachtet, vor allem Shanti,eine 65 jährige herzliche Frau, die zur Familie unseres Vermieters gehört, guckt immer nach uns, was manchmal anstrengend sein kann aber auch echt süß ist. Das ist wohl die indische Art sich um seine Gäste zu kümmern.
Unser neues Zuhause, Bodhgaya, ist ein sehr heiliger Pilgerort. Das wurde uns in den ersten zwei Wochen schnell bewusst. Die ganze Stadt war voller Mönche und Menschen, da der Dalai Lama zu Besuch war. In der Mitte der Stadt wurde ein großer Platz eingerichtet auf dem der Dalai Lama mit allen Menschen zusammen gebetet hat, Belehrungen hielt und Segnungen durchführte.
An einem schönen Sonntag haben wir uns morgens um sieben aus dem Bett geschält und sind zu einer dieser zwei stündigen Veranstaltungen gegangen. Alle Menschen saßen um die Hauptbühne auf kleinen Matten und haben dem Dalai Lama zugehört, mit ihm gebetet und gesungen. Für uns war es sehr schwer der gesamten Zeremonie zu folgen, da er nur auf Tibetisch gesprochen hat und wir eine sehr schlechte, leise englische Übersetzung auf einem kleinen Radio hatten, welche auch erst nach einiger Zeit funktioniert hat. Trotzdem war die Erfahrung, in der Nähe eines sehr weisen, mit positiver Energie durchströmten Menschen zu sein, ein besonderer Moment für mich.
Dies war jedoch nicht unsere letzte Begegnung mit diesem alten, sehr verschmitzten, freundlichen Mann. Eine Woche später hatten wir Deutschen die Möglichkeit ihn ein zweites Mal in seinem Kloster zu treffen. Dort konnten alle Ausländer, die sich für diesen Tag angemeldet hatten, zusammen in einem kleinen Raum sitzen und erst einer kleinen Rede des Dalai Lamas folgen und anschließend Fragen an ihn stellen. Er saß die gesamte Zeit in einem normalen Bürostuhl nur ein paar Meter von uns entfernt und sprach ruhig und gelassen zu uns allen. Dabei füllte dieser 84 jährige herzliche Mann mit seiner positiven Präsenz den vollen Raum aus. Eine sehr einprägende und besondere Erfahrung für mich.
Allgemein kommen wir nach drei Wochen in diesem bunten Land langsam wirklich an. Wir haben das letzte Wochenende unseren ersten Intensiv-Theater-Workshop gehabt und finden alle langsam unsere Aufgaben. Wir drei haben uns hier zum Beispiel zu Aufgabe gesetzt die gesamte indische Gruppe auf den neusten Stand der Klimakrise zu bringen, was uns einige Schwierigkeiten bringt, da sie ein komplett anderes, oder auch nicht vorhandenes Grundwissen über den aktuellen Klimawandel haben. Jedoch tasten wir uns mit ersten Erfolgen, wie Kurzreferaten über Themen, die wir ihnen gegeben haben, an eine Basis an, mit der wir weiter arbeiten werden.
Das gesamte Leben hier hat immer seine Auf und Abs, aber diese positive Art, die herzliche Lebensweise und das ständige Lachen mit allen Menschen hier, färbt langsam einfach nur ab. Die Gruppe nimmt uns ohne Vorurteile in ihre Familie auf und lässt uns jeden Tag spüren, dass wir ein Teil der Gemeinschaft geworden sind. Selten habe ich ein so wunderbares, berührendes Gefühl in mir gespürt und wir alle freuen uns auf die kommende Zeit mit diesen unglaublich tollen Menschen.
Sarah