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Unser besonderer Dank gilt unserem kompetenten Reisebüro PlanReisen, der uns als Spezialist für Indienreisen seit über 10 Jahren bestens betreut.

Mit  Unterstützung von

 

Gerd Gruhn

 

Fotografie

 

Hochzeit, Event, Studio und mehr

Indienblog 2025
Indien. Wie beschreibe ich dich? So viel Gefühl, so viel Wärme. Zu groß und vielseitig, als dass
Worte meinem erlebten gerecht werden könnten.
Doch werde ich versuchen euch einen kleinen Einblick in die Zeit zu geben, welche mich so sehr
bewegt und berührt hat. Zwei Monate war ich in Indien. Anderthalb Monate davon durfte ich ein
Teil des Projektes CreActing sein - ein Projekt, das Herzen zum Leuchten bringt und ich lieben
gelernt habe.

Das Projekt, gelegen in Bodhgaya, im Bundesstaat Bihar, bestand aus fünfzehn Jugendlichen und
uns als Team. Unser Team setzte sich aus Menschen aus Deutschland, Italien und Indien zusammen.
Die Jugendlichen waren zwischen 13 und 21 Jahren und kamen überwiegend aus sozioökonomisch
benachteiligten Lebensverhältnissen Wir haben auf Englisch, durch gegenseitiges Übersetzen und
auch einfach durch Körpersprache kommuniziert.
In diesen anderthalb Monaten arbeiteten wir mit den Jugendlichen auf eine Show hin, die aus Tanz
und Theater bestand. Die Tage waren gefüllt mit kreativen Workshops, intensiven und spielerischen
Begegnungen, langen Teamsitzungen abends am Feuer und Motorradfahrten zu unseren Lieblings
Restaurants. Das Gefühl von Zeit und Tag wurde immer verschwommener. Es war wie ein
Eintauchen in eine andere Welt, in der nur noch der Moment zählt und Leben zu einem puren
Erleben wurde.
Ich habe Einblicke in die verschiedensten Bereiche bekommen. Von Buchhaltung und
Kostümvorbereitungen, bis hin zur Leitungsebene und sozialarbeiterischen Aufgaben. Viel konnte
ich auch einfach als Teilnehmerin in den Prozess eintauchen, mich Impro-Aufgaben stellen und
mich selbst auf der Bühne ausprobieren.
Die vielen Begegnungen mit den Jugendlichen haben das Projekt für mich so einzigartig gemacht.
Diese Energie, Freude und Intensität zu spüren, wenn sie in die Kunst eintauchen und durch dieses
Medium auch in Verbindung treten zu können, war ein ganz besonders Geschenk und Bereicherung
für mich. Ich erinnere mich noch sehr gut an meinen ersten Tag, an dem ich bei einem Workshop
teilgenommen habe. Eine einfache Übung, die so viel in mir bewegt hat. Immer zu zweit sollten wir
abwechselnd auf einander zu gehen, in Verbindung treten, uns in Emotionen ausprobieren und darin die Intensität variieren. In meinem Tagebuch schrieb ich hinterher: „Wir waren so verbunden, ich hatte das Gefühl, dass sich unsere Herzen treffen. So zart, so aufmerksam, so echt, so gefühlsvoll.“ Das war unglaublich! Ein zuvor fremder Mensch war mir auf einmal ganz nah. Genau das macht das Projekt und die Art von Impro Theater aus, es überwindet Sprachbarrieren und schafft Räume der Begegnung, die über Worte hinausgehen.
Zudem war die Zeit begleitet von regelmäßigen Reflexionsrunden sowohl mit den Jugendlichen als
auch im Team. Ich empfand das als sehr wertvoll, denn das persönliche Teilen erweiterte den Blick
und das Verständnis für einander.
Die Theaterworkshops waren sehr frei und experimentell gestaltet. Unmögliches wurde auf der
Bühne möglich, Grenzen wurden erweitert und ausgedehnt, die eigene Fantasie freigelassen. Viele
Szenen wurden mit abwechslungsreicher Musik untermalt. Die Bühne war auch immer wieder eine
Herausforderung für mich. Mich zu trauen alleine mich hinzustellen, mich von Erwartungen zu
lösen und in Verbindung mit mir selbst zu gehen, war ein Lernprozess. Manchmal bin ich mit
starken Herzklopfen auf die Bühne gegangen und hatte Schwierigkeiten mich zu öffnen. Und dann
gab es Momente in denen ich ganz eintauchen konnte, ich selbst von mir überrascht wurde und es
einfach genossen habe. Am meistens schätzte ich dabei die vielen wunderbaren Begegnungen mit
den Jugendlichen, die durch das gemeinsame Spielen und ausprobieren entstanden sind.
Ich war auch dankbar für meine Unsicherheiten, die sich auf der Bühne teils äußerten oder auch im
Prozess mit dem Team, im herausfinden was ich für das Projekt beitragen kann. Themen wie, Raum einnehmen, auf mich selbst zu vertrauen und meine Stärken anzuerkennen, beschäftigten mich. Das besondere dabei war, dass ich das Gefühl hatte, alles annehmen zu können und durch die Wertschätzung im Team es mir möglich war, daran zu arbeiten und viel zu lernen.
Auch die Tanzworkshops haben mich sehr erfüllt. Diese Energie und Leidenschaft der Jugendlichen
zu sehen, hat in mir ganz viel Freude ausgelöst. Sehr war ich beeindruckt von ihrem Ausdruck, der
Eleganz, der Schnelligkeit und der eigenen Kreativität beim Improvisieren. Diese Energie hat mich
angesteckt und konnte selbst einige Choreographien lernen. Mit viel Enthusiasmus habe ich
versucht mir alle Schritte zu merken und dem Rhythmus zu folgen. Ganz so elegant wie die
Jugendlichen sah es bei mir zwar nicht aus, aber meine Freude dabei konnte definitiv mithalten.
Als es in Richtung der Aufführungen ging wurden die Proben immer intensiver und länger. Bei den
Szenen habe ich viel zugeschaut und im Hintergrund unterstützt. Das Stück wurde ausschließlich
von den Jugendlichen gespielt. Tanz und Theater flossen zusammen und formten die Charaktere des Stückes. Das Jahr zuvor wurde bereits ein Großteil der Show „Clowns Yatra for Shanti“ - „Clowns Reise für den Frieden“ entwickelt. Es handelte von zwei Clowns, die eine Reise durch die
Innenwelt einer Gesellschaft erlebten und gestalteten. Themen wie Krieg und Zerstörung, Armut
und Klimawandel, Liebe und Verbundenheit wurden dabei aufgegriffen und auf berührende Weise
dargestellt.
Auch Workshops zum Thema Selbstbehauptung für FLINTA-Personen fanden statt. Wir waren ein
kleiner Kreis von ungefähr neun Menschen. Ich spürte eine Kraft, die uns in diesem geschützten
Raum verband - eine Kraft, die Grenzen setzt und Stimmen hörbar macht. Viele der Mädels
meldeten am Schluss zurück, wie bestärkend sich der Kurs für sie angefühlt hat. Es ist ein Thema,
dass uns alle betrifft. Doch vor allem hinsichtlich der prekären Stellung der Frauen in Indien, ein
Thema, das schnell erdrückend für mich wirkte, tat es gut, diesen Raum dafür zu schaffen.
Indien wieder zu spüren und in diese Intensität einzutauchen, war wie etwas ganz Vertrautes und
doch etwas Fremd gewordenes wiederzufinden und neu in die Arme schließen zu können. Die
Farben, die Gerüche, die Geräusche, die Gewürze, die Musik, die Tiere, die Menschen, die
Zeremonien, der Verkehr, es ist eine Achterbahn der Sinne, eine Erfahrung fürs Leben.
Jetzt das Projekt kennengelernt zu haben, hat mir Indien noch näher gebracht und sich wie ein
Zuhause angefühlt. Wie das Land selbst war auch das Projekt sehr intensiv und du musstest immer
vorbereitet sein, dass die Pläne sich wieder ändern können. Unerwartete Krankheiten, familiäre
Probleme oder auch Missverständnisse kamen durchaus vor. Einmal sind wir dreizehn Stunden in
einem engen Bus über Nacht nach Kolkata gefahren, um dort unsere Show aufzuführen, doch wurde diese in letzter Sekunde abgesagt. Zwei Workshops wurden vor Ort gegeben, aber keine
Aufführungen. Durch solche Momente lernte ich schnell Lösungen zu finden, Kompromisse
einzugehen und aus Umständen und Situation das beste herauszuholen. Das konnte ich auch viel
durch die Jugendlichen lernen, die sich selten von ihrer positiven und lebhaften Energie abringen
ließen. Auch früh Morgens im Bus, ohne wirklich geschlafen zu haben, wurde laut zu Musik
mitgesungen und getanzt.
Der Abschied fiel mir unglaublich schwer. In dieser kurzen Zeit so viel zu erleben und zu fühlen, ist
einfach unbeschreiblich. Ich habe nur im Moment gelebt und alles was gezählt hat war das Projekt
und das Leben vor Ort - ein Pausieren von dem Alltag in Deutschland. Wieder anzukommen, war
schwierig. Ich wohne in Berlin und studiere hier Soziale Arbeit. Das Studium ging sofort wieder
los. Seid ca. zwei Wochen bin ich wieder zurück. Viele sind sehr interessiert von meinen
Erfahrungen zu hören, doch weiß ich meistens nicht, wo ich anfangen soll. Zu unterschiedlich sind
diese Welten, zu intensiv um es beschreiben zu können. Und gleichzeitig lebt es dadurch weiter und schätze auch das Teilen, da es mich wieder näher fühlen lässt.
Indien hat mich gestärkt und mir neues Vertrauen in mich selbst geschenkt. Es war eine
Bereicherung für mich selbst und hat mir gezeigt, wie wertvoll solche Projekte sind. Jugendlichen
eine Möglichkeit zu geben durch Kunst sich zu entdecken, Emotionen spüren zu lernen und eine
Stimme zu geben – das sind Ansätze, denen wir noch viel mehr nachgehen sollten.
Auch wurden mir wieder meine Privilegien als weiße deutsche Person verdeutlicht und andere
Lebensrealitäten bewusster. Es regt an mich weiter mit Strukturen, meinem Weißsein, kulturellen
Unterschieden und patriarchalen Verhältnissen auseinanderzusetzen - Themen, die grundlegend in
unserer Gesellschaft verankert sind.
Für mich war es daher sehr wertvoll, sowohl in einem fremden Land als auch ein neues Projekt
kennenzulernen. Es erweitert mein Verständnis für Kulturen und Privilegien und schult einen
bewussten und kritischen Blick auf Gesellschaftsformen.
Für die Zeit mit CreActing und die vielen wunderbaren Erinnerungen bin ich sehr Dankbar!
Ich habe das Gefühl, dass es nicht das letzte mal sein wird, dass ich in Indien und in dem Projekt
sein werde. Ich hoffe ihr habt einen kleinen Einblick in meine erlebnisreiche Zeit bekommen
können.                                                                                      Text: Marie